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    12.

    COMPAMED 2023 im Spannungsfeld zwischen Top-Innovationen und Regularien - Trendvorschau

    Foto: Produktmarkt des IVAM im Rahmen der COMPAMED (© Constanze Tillmann).

    Foto: Der Produktmarkt des IVAM im Rahmen der COMPAMED zeigt Hightech-Innovationen aus der Welt der Mikrotechnik (© Constanze Tillmann).

    Foto: Auch bei der COMPAMED ist die Fraunhofer-Gesellschaft stark vertreten (© Constanze Tillmann).

    Foto: Auch bei der COMPAMED ist die Fraunhofer-Gesellschaft stark vertreten (© Constanze Tillmann).

    Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM hat hierfür gemeinsam mit der Firma BellaSeno und der Universitätsklinik Heidelberg eine Lösung entwickelt. Dabei kommt ein Komposit aus Polycaprolacton (PCL) und Bioglas zum Einsatz. Das degradierbare Polymer PCL bietet die stabile Stütz-, Gefäß- und Führungsstruktur, das Bioglas hemmt das bakterielle Wachstum und stimuliert die Knochenneubildung. In den gebrochenen Knochen eingesetzt, trägt das zu einer schnelleren und komplikationsfreien Heilung bei.

    Keine Angst mehr bei Zahnwurzelbehandlungen

    Ein weitere Fraunhofer-Innovation ist ein intelligentes Ultraschallsystem, das die Zahnwurzelbehandlung verbessert (Projekt IPUCLEAN). Forschende des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS haben eine Technik entwickelt, die Wurzelbehandlungen beim Zahnarzt spürbar erleichtert. Bei der Behandlung reinigen Zahnärztinnen oder Zahnärzte die Wurzelkanäle mit einer Feile. Ein piezokeramischer Stapelaktor verbindet die Rotation der Feile mit einer Schwingungsbewegung, um das Verkleben im Wurzelkanal zu verhindern. Die Feile muss nicht so häufig gereinigt werden, und die Behandlung ist schneller zu Ende. Die Technologie lässt sich auch für weitere medizinische Anwendungen nutzen, beispielsweise in der Diagnostik oder bei der Krebsbehandlung.

    Sind PFAS in der Medizintechnik ersetzbar?

    Intensiv diskutiert werden dürfte im Rahmen der COMPAMED 2023 auch das Thema PFAS. Innerhalb der EU droht ein pauschales Verbot dieser wichtigen Industriechemikalien, die gerade in der Medizintechnik vielfach angewendet werden. Die per- und polyfluorierten Alkylverbindungen mit hoher Langlebigkeit verursachen nachweislich Schäden für Umwelt und Gesundheit, retten andererseits aber Leben in vielen Hightech-Produkten. In der Medizintechnik sind sie insbesondere in der Endoskopie und der minimalinvasiven Chirurgie unverzichtbar. „Die breite Regulierung ganzer Stoffgruppen – unabhängig von deren nachgewiesenem Risiko – würde Europa, seinen Bürgerinnen und Bürgern und seiner Industrie irreparable Schäden zufügen“, sagt Jörg Mayer, Geschäftsführer des Industrieverbands SPECTARIS. In Summe gibt es rund 3.000 betroffene Produkte in der Medizintechnik – Endoskope, Herzkatheter, Implantate, Stents, MRT, CT oder Dialysemaschinen. In vielen Fällen fehlen Alternativen zu den bisher eingesetzten PFAS. Anzustreben wäre deshalb eine Lösung, die alle Interessen gleichermaßen berücksichtigt und sorgfältig Nutzen und Risiken gegeneinander abwägt.

    Auch „MDR“ und „IVDR“ sorgen weiter für Diskussionen

    Ein weiteres Regulierungsthema dürfte ebenfalls für Gesprächsbedarf sorgen – die Verordnungen über Medizinprodukte (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR), die von der EU erlassen wurden und seit 2021 bzw. 2022 gelten. Immerhin sind rund 500.000 Arten von Medizinprodukten auf dem Markt – die Intention der EU mit den Verordnungen war es, diese für die Patienten sicherer und transparenter zu machen. „Keine Frage, bei der vollständigen Umsetzung fehlt noch eine ganze Menge“, kommentiert Stefan Bolleininger, CEO der Beratungsfirma be-on-Quality, die bei allen Fragestellungen zu regulatorischen Anforderungen und Qualitätsmanagement in der Medizintechnik hilft. „Die Anzahl der arbeitsfähigen `Benannten Stellen´ muss noch zunehmen, weitere Guidelines wären hilfreich, damit wir das Richtige tun, aber auch der Mut der Unternehmer ist gefordert, eigene Entscheidungen zu treffen“, erklärt der Fachmann. Da die Verordnungen eine komplexe Materie darstellen, ist der Umgang für alle Beteiligten ein andauernder Lernprozess. Ohne Zweifel ist der Aufwand gegenüber den vorher geltenden Bestimmungen gestiegen. „Aber die Dokumentationsqualität und am Ende die Produktsicherheut für die Patienten sind eindeutig besser“, betont Bolleininger. „Die Forderungen des BVMed und des VDGH nach mehr Transparenz und Effizienz, mehr Berechenbarkeit und Schnelligkeit, mehr internationale Anschluss- und Wettbewerbsfähigkeit, eine gute Verwaltungspraxis sowie die vorgelegten Änderungsvorschläge, um ein Abwandern der Medizintechnik-Industrie aus Europa zu verhindern, unterstützen auch wir“, ergänzt IVAM-CEO Dr. Thomas Dietrich.

    Kein Holzweg: Bioabbaubare Leiterplatten aus Cellulose

    Elektronische Finessen, intelligente Sensoren, Streitthemen wie PFAS und neue Verordnungen über Medizinprodukte – die COMPAMED bleibt eine Plattform mit einer großen Fülle an Innovationen und kreativen Auseinandersetzungen. Dazu gehört auch das „Dauerbrennerthema“ Nachhaltigkeit. Im multinationalen EU-Projekt „Hypelignum“ geht es um eine besonders verblüffende Lösung in diesem Sinne. HyPELignum steht für die Erforschung von Holzmaterialien in der hybriden gedruckten Elektronik: ein ganzheitlicher Ansatz für funktionelle Elektronik mit Netto-Null-Kohlenstoffemissionen. Die schnell wachsende Verfügbarkeit von preiswerter Unterhaltungselektronik führt zu immer größeren Mengen an Elektronikabfällen. Das von der EU geförderte Vorhaben will mit einem ganzheitlichen Ansatz zeigen, dass die Kombination von additiver Fertigung, holzbasierten Materialien (hier genau gesagt mit Cellulosefuibrillen), reichlich vorhandenen Übergangsmetallen und einer fortschrittlichen nachhaltigen Bewertung zur Konzeption und Herstellung von kohlenstofffreier Elektronik führen kann. „Wir arbeiten mit Holzsubstraten, die wir im Anschluss für Platinen verwenden können“, konstatiert Dr. Thomas Geiger von der schweizerischen EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), im Projekt verantwortlich für die Basismaterialien. Auch dieser Ansatz, ein Uralt-Stoff ganz neu zu denken, ist typische für die COMPAMED. 

    www.compamed.de