Sep
16.
Aktuell sind über drei Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Diese Zahl wird zukünftig immer weiter ansteigen. Gleichzeitig wird sich damit der Unterstützungsbedarf bei der Versorgung Pflegebedürftiger erhöhen. Digitale und technische Anwendungen bieten das Potenzial, professionell Pflegende und pflegende Angehörige zu entlasten sowie die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen zu stärken. Die meisten Menschen möchten auch im Alter noch in den eigenen vier Wänden leben. Ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben im Alter kann jedoch nur gelingen, wenn das Zuhause den eigenen Bedürfnissen gerecht wird. Einen wichtigen Beitrag dazu, möglichst lange selbstbestimmt und eigenständig in der gewohnten Umgebung zu verbleiben, können sogenannte alltagsunterstützende Technologien (AAL) leisten. Dabei können digitale Assistenten nützliche Helfer sein. Eine Matte, die Stürze registriert und Alarm schlägt, oder ein Herd, der sich automatisch abschaltet – es gibt viele Technologien, die älteren und behinderten Menschen helfen können. Entlastung durch Technik Smart-Home-Lösungen können im Versorgungsalltag unterstützen und so einen längeren Verbleib in der Häuslichkeit ermöglichen. Sie müssen den Bedürfnissen der Nutzer*innen entsprechen und einfach zu bedienen sein. Sie sollen pflegebedürftigen Menschen helfen, professionelle Pflegekräfte und pflegende Angehörige entlasten und für eine Verbesserung der Pflegesituation im ambulanten, aber auch im stationären Bereich sorgen. Dabei soll die Technik die Pflege unterstützen, nicht ersetzen oder dominieren. Die Einsatzmöglichkeiten von AAL sind vielfältig und reichen von baulichen Maßnahmen über intelligente, aber auch relativ einfache technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel Gehhilfen oder die automatische Erinnerung zur Medikamenteneinnahme. Es gibt aber auch komplexere technische Anwendungen wie Sturzmeldesysteme. AAL dient in erster Linie der Sicherheit in den eigenen vier Wänden, indem Gewohnheiten der Nutzer*innen als Auswertungsbasis genommen werden. AAL-Lösungen merken sich beispielsweise Bewegungsabläufe sowie Dauer an Aktionen und schlagen Alarm, wenn Daten von der Norm abweichen. Die Informationen können an bestimmte Personen weitergeleitet werden, wie Angehörige oder den Pflegedienst. Auch die direkte Pflege schwerstpflegebedürftiger Menschen soll durch technische Anwendungen erleichtert und verbessert werden. Pflegende Angehörige und beruflich Pflegende sollen möglichst körperlich wie psychisch entlastet werden, etwa durch modernisierte Pflegebetten oder Lagerungshilfen. Für professionell Pflegende kann die Technik Lösungen für die innerbetrieblichen Prozesse anbieten, wie digitale Dienst-und Tourenplanung oder Unterstützung der pflegerischen Versorgung vor Ort durch digitale Informations-und Dokumentationssysteme. Weiterhin können neue Technologien die Vernetzung und Kommunikation zwischen pflegebedürftigen Menschen, deren Angehörigen und dem umgebenden Hilfesystem (berufliche Pflege, haus- und fachärztliche Versorgung, Kranken- und Pflegekassen etc.) verbessern. Akzeptanz von Technik in der Pflege Laut einer repräsentativen Umfrage des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) steht die Mehrheit der Bevölkerung dem Einsatz digitaler Technik in der Pflege offen gegenüber. Demnach sahen knapp zwei Drittel der Befragten eher Chancen als Probleme in der Nutzung digitaler Techniken für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen (https://www.zqp.de/digitale-unterstuetzung-pflege/). Während neue Technologien im Alltag fast aller Menschen bereits eine nicht mehr wegzudenkende Rolle spielen, gibt es eher wenige erfolgreiche Beispiele für den Einsatz neuer Technologien zur Steigerung der Lebensqualität älterer Menschen. Dabei sind die benötigten Technologien bereits vorhanden und könnten relativ einfach angewendet werden. Vorhandene Produkte sind nur selten einfach in der Nutzung und Installation. Sie sind noch zu technisch und potenzielle Anwender scheuen die Auseinandersetzung mit dem Neuen und Unbekannten. Das gilt insbesondere für die jetzige alte oder hochaltrige Generation, die sich mit technikbasierten Produkten eher schwertut. Darüber hinaus sind AAL-Systeme bisher noch wenig bekannt und werden nicht aus dem Leistungskatalog der Pflegeversicherung finanziert. Senioren- und Pflegehaushalte scheuen die oft hohen Ausgaben. Fazit Das Ziel ist, dass Nutzer*innen durch AAL ein selbstbestimmtes Leben führen und in der eigenen Häuslichkeit verbleiben können. Die Nutzer*innen müssen bestimmen, nicht die Technik. Wenn vollautomatische Schritte genutzt werden - wie zum Beispiel einen Alarm auslösen bei Abweichung von der Regel - müssen die Nutzer*innen diesem im Vorfeld zugestimmt haben. Bei kognitiv beeinträchtigten Menschen können solche Produkte erst nach Rücksprache mit den Angehörigen oder dem gesetzlichen Betreuer eingesetzt werden. Dabei sollten die Wünsche der Betroffenen im Vordergrund stehen. Durch Einhaltung des Datenschutzes müssen die Daten vor dem Zugriff Dritter sowie vor Missbrauch bestmöglich geschützt werden. Grundvoraussetzung für die Pflege zu Hause ist und bleibt barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum.
Von: Ausführungen von Manuela Anacker, Referentin Sozialpolitik beim Sozialverband VdK NRW e.V.